Ein Fass ohne Boden?

Die Fehler bei der Planung und Vergabe der Bauleistungen zum Ausbau der Grund- und Gemeinschaftsschule Pönitz kommen uns teuer zu stehen.

Um Missverständnissen vorzubeugen, sei deu­tlich gemacht: Es geht hier nicht um die Frage, ob die GGS-Pönitz erweitert werden musste – das steht für die WUB außer Zweifel – sondern ausschließlich darum, wie dieser Aus­bau geplant und abgewickelt wurde.

Zur Vorgeschichte: Der Ausbau war wegen seiner Dringlichkeit Mitte 2010 durch Nachtrag in einem 1. Bauabschnitt mit 2,6 Mio. € und einem 2. für 1,3 Mio. € zur Fertigstellung nach den Sommerferien 2012 beschlossen worden. Am 21.11.2013 informierte dann der Bürgermeister erstmalig den Gemeinderat, dass die Gesamtkosten von 3.9 Mio. € bereits für den 1. Bauabschnitt verausgabt worden seien und die Kosten sich nunmehr auf 6,6 Mio. € belaufen würden.
Aufgrund der ungewöhnlich hohen Überschreitungen der Kosten und Termine beauf­­tragte der Bauausschuss eine Arbeitsgrup­pe bestehend aus je einem Vertreter von CDU, SPD, FDP und WUB, um die Abwicklung des Projektes aufzuarbeiten. In einem 2. Schritt soll­ten dann die Ursachen der Überschreitungen ermittelt werden.

Die Arbeitsgruppe hat ihren 1. Bericht, der sich vorwiegend mit technischen Fragen der Planung großer Bauvorhaben beschäftigt, im März 2015 vorgelegt, den 2. im März 2017. Dieser Bericht sollte aus Sicht der WUB in den zuständigen Fachausschüssen Bau und Finanzen behandelt werden. Dazu ist es aber nicht gekommen, denn er wurde nur kurz in dem wesentlich kleineren Hauptausschuss in einer nicht öffentlichen Sitzung behandelt, „wegen seiner besonderen Brisanz“, wie es hieß.

Die WUB fragt sich, warum die Ergebnisse nur hinter verschlossenen Türen behandelt werden sollten?
Worin lag die angebliche Brisanz?

Die Arbeitsgruppe war in ihren Berichten u.a. zu dem Ergebnis gekommen, dass der entscheidende Fehler bereits die Beauftragung eines Architekten für die Vorplanung war, dem für ein Projekt dieser Größenordnung und Komplexität die nötigen Erfahrungen fehlten. Auch war die vorgegebene Zeit für Planung und Ausführung von knapp 2 Jahren für ein derartiges Projekt selbst unter op­ti­malen Verhältnissen vollkommen unrealistisch.

Wie weit die damalige Freundschaft zwischen Bürgermeister und Architekt für die Beauftragung mit massgeblich war, kann nur vermutet werden.

Projekte werden in der Regel in 2 Phasen bearbeitet: An die Vorplanung schließen sich die Ausführungsplanung und Bauphase an. Letztere muss bei Projekten dieser Größen­ordnung europaweit ausgeschrieben werden.

Das war vergessen worden. Die verspätete Ausschreibung führte dann zu erheblichem Zeitverzug.

Bereits in der Vorplanung wurden die entscheidenden Fehler gemacht, die in der Fol­ge zu den erwähnten Überschreitungen von Terminen und Kosten führten. Auf diese Feh­ler war bei den Vorstellungsgesprächen für die 2. Bauphase von den eingeladenen Archi­tekturbüros deutlich hingewiesen worden. Sie wurden aber nicht ernst genommen und haben sich dann leider voll umfänglich bestätigt.

Während die Vorplanung aufgrund der damaligen Regeln in alleiniger Verantwortung des Bürgermeisters beauftragt wurde, gelten für die europaweite Ausschreibung sehr genaue Vergaberegeln. So wird z.B. eine genaue Dokumentation der einzelnen Entschei­­dungen gefordert. Diese liegt nicht bzw. nur ansatzweise vor. Auch war es für die Arbeits­gruppe nicht nachvollziehbar, weshalb eindeutig höher qualifizierte Bewerber mit gu­ten Referenzen nicht den Zuschlag erhalten haben. Den Zuschlag erhielt der bereits erwähnte Architekt des 1. Bauabschnitts.

Selbst der das Verfahren begleitende Rechts­­anwalt sah höchste Probleme in der Sache, „da der Lokalpatriotismus der Gemeinde Scharbeutz vor Gericht größte Schwierigkeiten bereiten könne.“ In einem anderen Schrei­ben sprach er von einer „Zitterpartie“, falls es zu einer Verhandlung über die Vergabe kommen sollte. Auch das Gemeindeprüfungsamt, das den Vorgang inzwischen geprüft hat, kommt zu dem Ergebnis, „dass das Vergaberecht massiv missachtet wurde“.

Inzwischen ist auch der 2. Bauabschnitt im Herbst 2016 fertiggestellt worden. Die Gesamt­kosten belaufen sich jetzt auf ca. 10 Mio. €. Allein für den fehlenden oder fehler­haften Brandschutz sind Zusatzkosten von knapp 1 Mio. € erforderlich geworden. Kosten und Termine sind das eine. Ein ganz anderes Gewicht hat bei einer Schule ein mangelhafter Brandschutz.

Nur dem Wechsel in der Sachbearbeitung in unserer Verwaltung ist es zu verdanken, dass weitere Fehler vermieden wurden und Kosten und Termine nicht noch weiter aus dem Ruder gelaufen sind. Das ursprünglich be­auf­­tragte Architekturbüro wurde inzwischen gewechselt.

Wer trägt die Verantwortung? Der Bürgermeister hat die Vergabe am Anfang allein- verantwortlich getroffen.
Er war in alle Entscheidungen eingebunden.
Er hat die zuständigen Gremien zwei Jahre zu spät informiert. Er trägt als Chef der Verwaltung in jedem Fall die Verantwortung. Das sehen aber unsere politischen Gremien anders. Nicht einmal dem Antrag der WUB auf Missbilligung konnte sich der zuständige Ausschuss mehrheitlich anschließen.

Fehler können passieren, Fehler dieser Grös­­senordnung müssen ausführlich und ergeb­­­nisoffen diskutiert werden, unabhängig da­von, wer sie zu verantworten hat. Es müssen Konsequenzen gezogen werden, denn es muss gewährleistet sein, dass sie sich nicht wiederholen.

Diese Diskussion war in den zuständigen Ausschüssen nicht zu führen. Im Gegenteil, wir haben den Eindruck erhalten, dass die Probleme unter den Teppich gekehrt werden sollten, weil sie eben „zu brisant“sind. Deshalb haben wir uns zu dieser Veröffentlichung entschlossen.


Jörg Lohmann, Vorsitzender d. Finanzausschusses